Orfeo ed Euridice
Oper von Chr. W. Gluck

Villa Elisabeth Berlin
Premiere am 14. Februar 2013

Musikal. Leitung Christian Fröhlich
Regie (3. Akt) Dennis Krauß 
Bühne Claus Althaus und Christina Godelmann
Kostüme Carla-Luisa Reuter
Es riecht nach frischer Erde in der Villa Elisabeth. Doch der Geruch weht nicht vom nahen Friedhof der St.-Elisabeth-Kirchengemeinde herüber. Eine Schicht Humus bedeckt das Podest, auf dem gleich eine alte Geschichte neu erzählt werden soll: Der Orpheus-Mythos. 
[...] 3. Akt
Eine Leiter führt von der Galerie der Villa Elisabeth auf die immer noch erdbedeckte, nun recht karg mit wenigen Stühlen, einem Tisch und einer Mülltonne möblierte Bühne. „Welcome to Elysium“ wirbt ein Banner. Bedeutende Persönlichkeiten fristen hier ihr „elysisches“ Dasein, geprägt von Langeweile, Untätigkeit, Alkoholkonsum: Marilyn Monroe, Ernest Hemingway, Vincent van Gogh, Kurt Cobain. Was sie berühmt gemacht hat (Pinsel und Farbpalette, Schreibmaschine, Gitarre, Medikamente), ist im Abfallbehälter gelandet. Vergeblich versucht Euridice (Alexandra Koch), sie dazu zu bewegen, sich wieder ihren Künsten zu widmen. Ebenso vergeblich bleiben Orfeos (Amanda Martikainen) Versuche, Euridice aus diesem zweifelhaften Paradies wieder ins irdische Leben zu holen. Ihr Wunsch, Orfeo möge sie anschauen - hier eher als ein nervtötendes Nörgeln vorgetragen - führt zur Katastrophe: Orfeo gibt auf, kann sich nicht mehr wehren, schaut sie an, verstößt gegen das Verbot der Götter. Alles war vergebens, nun verliert er sie für immer. Euridice nimmt sich ein Beispiel an Marilyn und schluckt jede Menge Tabletten, bricht zusammen auf der Mutter Erde. Anlass für Orfeo, sein berühmtes „Che farò senza Euridice“ zu singen, wieder ganz Künstler. Als solcher sieht er plötzlich seinesgleichen um sich, fühlt sich zuhause, verbündet sich mit ihnen, kann sie überreden, sich auf ihre einstigen Fähigkeiten als Maler, Schriftsteller, Musiker, Star zu besinnen. Kein Ort, an dem Euridice bleiben möchte. Sie rafft sich auf, verlässt das „Elysium“, steigt die Leiter hinauf zur Galerie. Der Kreis schließt sich – was wird Euridice oben tun (oder unten), ohne den einst geliebten Gatten, ohne Künstler? Geht nun alles von vorn los?
 
Die Beschreibung dessen, was an diesem Abend zu sehen war, muss bruchstückhaft bleiben. Drei Handschriften, drei Sichten auf eine archetypische Konstellation. Drei Versuche junger Leute, sich 250 Jahre nach Gluck und Calzabici mit deren Interpretation und ihren eigenen Assoziationen dazu auseinanderzusetzen. Mit den begrenzten, überwiegend klug genutzten Möglichkeiten von Bühne (Claus Althaus, Christina Godelmann, Bühnenbildstudierende der TU), Licht (Frank Kviatkovsky) und Kostümen (Carla-Luisa Reuter, Studierende der Kunsthochschule Weißensee), ist interessantes, über weite Strecken fesselndes Theater entstanden. [...]
15. FEBRUAR 2013 Ingo Bossan unter www.berlin-kulturtip.de